Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb: Anspruch gegen die privatwirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand ist dringend erforderlich
Die vom Bundesjustizministerium vorgelegte Novelle des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb bietet – unabhängig von den übrigen zu bewertenden Sachverhalten dieser Vorlage, zu denen die AWM Stellung nimmt – die Gelegenheit, die privatwirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand anzugreifen.
Die Problematik der Scheinprivatisierung von öffentlichen Betrieben ist seit langer Zeit für viele Berufsgruppen äußerst virulent. Und angesichts knapper Kassen des Staates, vor allem der Kommunen, wird von dieser Seite die wirtschaftliche Betätigung verteidigt und wo immer möglich forciert.
Natürlich wird die Diskussion vordergründig nicht ums Geld geführt. Andere Argumente werden vorgebracht. Sei es die Versorgungssicherheit der Bevölkerung, sei es die Notwendigkeit von einschlägigem Know-how in den Kommunen, um private Leistungserbringer adäquat kontrollieren zu können, oder seien es sozialpolitische Überlegungen. Während einer Fachtagung zur Daseinsvorsorge – eine Begrifflichkeit, unter der die Kommunen praktisch jede ihrer wirtschaftlichen Betätigungen subsumieren – sprach Hannovers Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg, der in dieser Eigenschaft Vizepräsident des deutschen Städtetages ist, davon, daß in öffentlichen Betrieben jene Arbeitnehmer eine Zuflucht finden müssten und fänden, die in privaten Unternehmen aufgrund des Wettbewerbsdrucks nicht einsetzbar seien. Dies sei ein hohes soziales Verdienst der Kommunen, weshalb die öffentlichen Betriebe weitgehend dem Wettbewerb entzogen werden sollten. Über das Anrecht auf eine effiziente Ressourcenverwendung und Leistungserbringung, sprich über die angemessene Verwendung der Steuergelder der Bürger sprach Hannovers Oberbürgermeister nicht.
Gegen die privatwirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand versuchen sich seit langer Zeit die kleinen und mittleren Unternehmen der unterschiedlichsten Berufs- und Wirtschaftszweige zur Wehr zu setzen. Zwischenzeitlich schien die Beschreitung des Rechtsweges in Fällen einer wettbewerbsverzerrenden wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen sogar von Erfolg gekrönt zu sein. Im Bereich des Garten- und Landschaftsbaus wurde 1996 das Musterurteil zu Gelsengrün – dem ausgegliederten Grünflächenamt der Stadt Gelsenkirchen – gefällt, welches im Nachhinein vom Bundesgerichtshof bestätigt wurde. Dadurch hatte die Privatwirtschaft die Möglichkeit, sich auf dem Zivilrechtsweg über das Wettbewerbsrecht zur Wehr zu setzen. In der Zwischenzeit hat der Bundesgerichtshof jedoch eine Rechtssprechungsänderung vollzogen. Die sog. Oktoberfestentscheidung hat zur Folge, daß den privaten Unternehmen der Zivilrechtsweg praktisch versperrt ist. Lediglich die Verwaltungsgerichtsbarkeit bietet hier überhaupt noch diesbezügliche Ansätze. Dieser Rechtsweg ist jedoch bisher in aller Regel erfolglos geblieben, weil die Verwaltungsgerichte den drittschützenden Charakter der kommunalrechtlichen Wirtschaftsbestimmungen verneint haben.
Aus Sicht der KMU, aber auch aus marktwirtschaftlichen Erwägungen, ist diese Entwicklung nicht hinnehmbar. Denn durch den fehlenden Rechtsschutz ist der ausufernden privatwirtschaftlichen Betätigung vor allem der Kommunen keine Grenze mehr gesetzt. Der Gesetzgeber ist daher aufgefordert, die Rahmenbedingungen für einen verbesserten Rechtschutz KMU zu schaffen. Deshalb fordert die AWM, im Rahmen der Novelle des UWG unmissverständlich klarzustellen, daß eine privatwirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand, soweit sie gegen gesetzliche Bestimmungen des Marktzutritts verstößt, eine unlautere Wettbwerbsbehandlung im Sinne des § 3 UWG n.F. ist.
Mit dem Aufgreifen dieser Forderung kann die Politik ihre Mittelstandsfreundlichkeit im anstehenden Gesetzgebungsverfahren zum UWG unter Beweis stellen.